NOLFA, die Geschichte eines französischen Herstellers

#1 von wolfgang , 21.12.2014 18:08

Guten Abend ,
Zu meiner Anfrage "NOLFA, wer kennt diesen Hersteller?" hatte es mehrere hilfreiche Hinweise gegeben.

Aber kennen Sie das, man hat vor längerer Zeit etwas gelesen, das damals keinen Bezug hatte, aber im Hinterkopf behalten.
So ging es mir, und nun am 4. Advent, Geschenke verpackt und Weihnachtspost erledigt habe ich mal in der Literatur gestöbert.

Siehe da, im Bulletin des CFE ( Circle ferroviphile europeen ) von 2011 gab es einen zweiteiligen Artikel über André Flon, Gründer und Ehrenpräsident des CFE.
Seine Firma NOLFA ist einfach ein Anagramm des Namens André Flon und hat sehr viel mehr als die 3 Abteilwagen und den Gepäckwagen fabriziert.








André Flon geboren 1924 in einem kleinen Fischerdorf führte ein abwechselungsreiches Leben als Weltenbummler (mit 1Dollar in der Tasche Start einer 2jährigen Weltreise) , erfolgreicher Fahrradproduzent, Banker, Gründer von Jugendherbergen und 1960 einer Organisation "Mutual Welcome" die Jugendlichen billige Flugtickets vermittelte.
Durch einen spanischen Arzt lernte er Modelleisenbahnen kennen und gründete 1970 MMF (la Mutuelle des Modelistes Ferroviaires), eine Selbsthilfeorganisation zur Herstellung von Ersatzteilen für französische Eisenbahnmodelle.
Dazu wurde die Firma NOLFA gegründet, die unter anderem Schienen in den Spurweiten 0, 1 und 2m nach einem eigenen Patent herstellte.






1978 schlug André Flon den Mitgliedern der MMF eine Produktion von Lok und Fahreugmodellen vor, dazu später mehr.
Der MMF wurde 1981 auf Drängen der Versicherungen der Name "Mutuelle" verboten, sie wurde als CFE neugegründet da inzwischen Mitglieder aus der Schweiz und Belgien dabei waren ,Präsident André Flon bis 1982.

1984 gründete André Flon dann ein kleines Modelleisenbahnmuseum in St.-Just Lusac.






Wahrscheinlich lebt André Flon jetzt 90jährig noch, weiß hier jemand Genaueres?

So, jetzt versuche ich mal Bilder einzusetzen, später mehr.

Schöne Adventsgrüsse

Wolfgang H.


 
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RE: NOLFA, die Geschichte eines französischen Herstellers

#2 von swfreund ( gelöscht ) , 21.12.2014 18:27

Wolfgang
Dann hatte ich doch seinerzeit Recht mit der Aussage ,daß es sich um einen Einmannbetrieb handelt.
Guten Abend


swfreund

RE: NOLFA, die Geschichte eines französischen Herstellers

#3 von wolfgang , 21.12.2014 19:24

Guten Abend und weiter geht es:

1978 schlug André Flon den Mitgliedern der MMF vor, Abteilwagen zu produzieren.
Der Subskriptionspreis sollte stolze 600 Francs betragen, zum Vergleich, eine Paya 231 kostete 660 fFr.
200 Bestellungen gingen ein und NOLFA machte sich an die Realisierung.
André wollte unbedingt Türen zum Öffnen, letztendlich bestand ein Wagen aus über 200 Einzelteilen und der Subskriptionspreis ließ sich nicht halten.
Insgesamt dauerte es über 2Jahre bis die geduldigen Kunden ihre Wagen bekamen und es war für André Flon ein Verlustgeschäft obwohl er zu den drei Abteilwagen noch einen Gepäckwagen produzierte.








Ein Problem war die relativ kleine Stückzahl, so dass er nur schwer Lieferaten fand, so sind die 1000 Räder aus chinesischer Produktion, damals ein Novum.
Von den lithographierten Blechen wurden übrigens statt 200 dann 1000 gedruckt, der Preis war fast gleich.
Es gibt Spekulationen, was aus den überzähligen 800 geworden ist.
Das Ausstanzen wurde schließlich in zwei Chargen im Gummischnittverfahren ( ist mir aus einer früheren Tätigkeit als Musterherstellung bekannt ) besorgt.

Interessant ist, dass André Flon die JEP Kupplung (Serie 60) als hässlich und klobig empfand und daher für seine Nolfa Produktion eine zierliche Kupplung entwickelte und die Rechte besitzt.
Später wurde diese auch von der Firma " L'emboutissage " ( würde ich als "Blechumformung" übersetzen) der Eigentümer René Sennedot und Pierre Adnot in ihrer mehr industriellen Produktion AS als Standardkupplung übernommen wurde.
Beide waren auch Mitglieder der MMF.

Nach dem finanziellen Misserfolg der Wagenproduktion hat André Flon eine angekündigte Lok 230 (davon gibt es keine Unterlagen mehr ) und weitere Wagenprojekte, von denen es Katonmodelle gibt, nicht mehr realisiert.






Der Artikel im Bulletin beantwortet vieles, aber ein paar Fragen bleiben offen.
Wieviel Wagen wurden tatsächlich produziert?
Der Gepäckwagen ist vor kurzem im französischen ebay als Bausatz verkauft worden, galt das für alle Gepäckwagen?
Hortet jemand 800 bedruckte Blechtafeln?
Wie groß war die Firma NOLFA zu ihren besten Zeiten?

Übrigens, ist noch jemand außer mir im deutschsprachigen Raum Mitglied im CFE? Wenn ja, bitte PN.

So, geschafft!

Jetzt geht es mit Zwischenstationen in die Schweiz zur kleinen Enkelin.
Die hat sich einen Ponyhof vom Christkind gewünscht, bekommt sie auch, aber drumherum baut der Opa eine Lego Eisenbahn auf, vielleicht lässt sich der Eisenbahnvirus ja übertragen.

Ich wünsche allen ein schönes Weihnachtsfest und ein glückliches neues Modelleisenbahnen Jahr!

Wolfgang H.


 
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RE: NOLFA, die Geschichte eines französischen Herstellers

#4 von wolfgang , 21.12.2014 19:36

Zitat von swfreund im Beitrag #2

Wolfgang
Dann hatte ich doch seinerzeit Recht mit der Aussage ,daß es sich um einen Einmannbetrieb handelt.
Guten Abend

Hallo Wolfgang,
Gut von dir zu hören!
Leider dauert mein Eintippen immer solange, dass ich erst jetzt auf deinen Beitrag reagieren kann.

Es scheint einiges dafür zu sprechen, dass André Flon mehr Organisator als Fabrikant war. U.a hat er mit einem Dosenfabrikanten zusammengearbeitet.
Aber speziell die Gleisproduktion scheint größere Ausmaße gehabt zu haben und er hatte eine Geschäftsadresse im Norden von Paris.

Vielleicht sollte ich meinen Mut zusammennehmen und mit meinem eingerosteten Französisch ein paar Fragen an den Autor des Berichtes schicken?

Aber jetzt ist erstmal Weihnachten

Viele Grüße
Wolfgang H.


 
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RE: NOLFA, die Geschichte eines französischen Herstellers

#5 von swfreund ( gelöscht ) , 21.12.2014 19:40

Wolfgang
Wende Dich an Edmond (www. blechzuch.lu) der hilft Dir (uns) gerne!!!
Wolfgang


swfreund

RE: NOLFA, die Geschichte eines französischen Herstellers

#6 von wolfgang , 21.12.2014 19:55

Wolfgang
Ja, hast recht,
Gruß
Wolfgang H.


 
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Gummischnittverfahren...

#7 von messingcolera , 25.12.2014 11:45

Hallo Wolfgang,

hast Du noch mehr Informationen zu dem erwähnten Gummischnittverfahren? Google war hierzu nicht sehr auskunftsfreudig. Ich vermute mal, dass es bei diesem Verfahren die Patrize durch eine Gummiplatte ersetzt wird und dann mit hohem Druck gearbeitet wird. Aber eine Referenz zu z.B. einem der schönen alten Springer Bücher wäre sicher mit mehr Details gewürzt.
Ich meine hier im Forum auch einmal gelesen zu haben, dass jemand in ähnlicher Art gewölbte Blechteile wie z.B. Deckel für Kesselwagen fertigt. Ich meine es gäbe eine Matrize aus Hartholz und dann wird mit einem Sandsack gedrückt. Aber 100% sicher bin ich mir nicht.

Beste Weihnachtsgrüße

Messingcolera


 
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Gummischnittverfahren

#8 von Udo , 25.12.2014 12:34

Hallo, messingcolera,

gut, dass du dieses Themas "Gummischnittverfahren" und weiteres ansprichst. Das würde mich auch ganz stark interessieren.

Schönen Gruß
Udo


 
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RE: NOLFA, die Geschichte eines französischen Herstellers

#9 von wolfgang , 25.12.2014 14:51

Hallo messingcolera und Udo,
Frohes Fest!
Zum Gummischnittverfahren:
Als zwei Kollegen und ich 1973 für Mannesmann eine Firma für Schnelldrucker in Ulm gegründet haben, geriet zeitgleich nahebei in Heidenheim die Firma Walther Büromaschinen in Insolvenz.
Da wir Spezialisten für Blechverarbeitung dringend brauchten, haben wir soviele wie möglich von der früheren Firma Walther eingestellt.
Die Fachleute aus dem Musterbau brachten eine Technik mit, um Einzelstücke oder Kleinstserien von Blechschnitten schnell und günstig herzustellen. Dazu wurden scharfkantige Stahlstreifen in Form des Schnittes gebogen und in einen Alu- oder auch Holzträger eingesetzt.
Gepresst wurde dieser Schnitt hinterlegt mit einer massiven Stahlplatte gegen eine Hartgummiplatte, die meines Wissens nur für einen Schnittt-Typ verwendet werden konnte.
Die Ergebnisse reichten für Versuchsaufbauten völlig aus, da wir meist Blech um die 2mm Dicke benötigten, hielten diese Schnitte nur ein paar Stück aus.
Wenn wie bei NOLFA ungewöhnlich dünnes und weiches Blech verarbeitet wurde, kann ich mir vorstellen, dass wie angegeben 100 Schnitte zustande kommen können, bevor das Werkzeug unbrauchbar wurde.
Heute würde man natürlich Wasserstrahlschneiden oder Laserschneiden oder Laserstanzschneiden einsetzen, das haben wir bei Nixdorf Computer dann ab 1982 im Musterbau und für Kleinserienproduktion zum Beispiel für Geldautomaten gemacht.

Guten Rutsch ins 2015 allerseits!

Wolfgang H.


 
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Gummischnittverfahren

#10 von Udo , 25.12.2014 16:59

Hallo, Wolfgang,

danke für die Erklärung. Sehr interessant.

Schönen Gruß
Udo


 
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RE: NOLFA, die Geschichte eines französischen Herstellers

#11 von messingcolera , 25.12.2014 17:12

Hallo Wolfgang,

danke für die schnelle Antwort. Mit Deiner Antwort kann ich das Verfahren gut nachvollziehen, da ich es aus dem Druckereibereich kenne. Dort heißt es Stanzen, Firmen die Stanzformen bauen findet man auch heute noch an fast jeder Ecke. (Suchbegriff: Stanzformenbau). Es ist exakt wie von Dir beschrieben, dadurch das die Schneidstreifen sich in das Gummi arbeiten, muss tatsächlich bei einer neuen Form ein neues Gummi verwendet werden.

In der Druckerei wird diese Technik bei der so genannten Weiterverarbeitung genutzt, dh. wenn zum Beispiel Ausschnitte aus Druckbögen gestanzt werden. Interessant ist die Information, dass es sogar mit Blech funktioniert. Wenn man den Gedanken weiter spinnt ergeben sich noch weitere Möglichkeiten. Im Druckbereich will man nicht immer Ausschnitte haben, manchmal reicht es auch eine Nut, Rille oder Falz erzeugt. Interessant ist der Punkt Rille, hier wird mit einem an der Spitze verrundeten Blechstreifen gearbeitet.

Dh. man würde sich zwei Formen bauen lassen. Erst eine Form mit verrundeten Streifen, um z.B. Fensterrahmen zu prägen, dann eine zweite Form um das ganze Teil frei zu schneiden. Könnte in der Theorie funktionieren.

Beste Grüße

Messingcolera


 
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Gummischnittverfahren

#12 von Udo , 25.12.2014 19:30

Hallo, messingcolera,

genau diese Gedanken hatte ich auch, beisielsweise das Herstellen von den oft fehlenden Türchen. Man müsste mal ausprobieren, was in der Reihenfolge besser klappt, also erst prägen und dann ausschneiden oder anders herum. Blechstärke 0,3 bis 0,5 mm, Stahl oder Messing. Auch das entgegengesetzte Herausprägen der Stelle, an der die Türklinke eingesetzt wird als auch flächiges Herausprägen von der unteren Türfläche müsste so gehen. Vermutlich ist es am Besten, zuerst Prägen oder Schneiden und dann erst zwecks Genauigkeit die Türchen auf Außenmaß schneiden. Das muß man erst alles mal ausprobieren.

Ist man erst einmal fit in dieser Technik, ginge auch das Ausstanzen /Prägen in Reihe bei Fenstern von Personenwaggons, Bleche mit Dachziegeln und jede Menge mehr. Mal sehen, wie's wird.

Schönen Gruß
Udo


 
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RE: NOLFA, die Geschichte eines französischen Herstellers

#13 von Freddy , 26.12.2014 22:10

Hallo zusammen

Das ist ja wieder lustig und erhellend.
im Maschinenbau, im Prototypenbau, im Werkzeugbau etc. kann man sich immer schwer vorstellen, dass Etwas nur leicht Härteres auch etwas leicht Weicheres gut bearbeiten kann.
Und dasselbe sogar mehrmals.
Wir Techniker sind doch alle gefangen in unserem angelernten Wissen.
Das Gummischnitt-Verfahren war ein belächeltes Vefahren für die Feinblech-Bearbeitung.
Ich habe in meiner Zeit als Maschinenbau-Lehrling so ein geschnittenes Blechteil einmal gesehen.
Es sah nicht sehr professionell und sauber aus.
Aber das lag nur an der Qualität der Machart des Werkzeugs.
Das Ganze ist schon mehr als 30 Jahre her!
Der Lehrmeister hatte damals nur Spott und Hohn dafür übrig.
Und jetzt lese ich, dass es Leute gab, die dieses Verfahren sogar komerziell umsetzten.
Hut ab!

Heute weiss ich, dass es wichtig ist, gerade dasjenige Verfahren auszuwählen, das gut genug ist für die Lösung des Problems, und nicht besser als!

Freddy


 
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Gummischnittverfahren

#14 von Udo , 27.12.2014 00:10

Hallo,

weil mich die Sache mit dem Gummischnittverfahren und auch die von messingcolera angesprochene Blechverformung ziemlich stark interessiert, habe ich mal gegoggelt und folgendes gefunden:

Prof. Dr.-Ing. Gerd Eberhardt, Hochschule Pforzheim, Umformtechnik, Umformen mit Elastomeren, Anwendungsbeispiele für Elastomeren-Werkzeuge in der Blechbearbeitung, vor allem Gesenkbiegen, Elastoforming zur Blechbearbeitung, aber auch erwähnt "Gummischneiden" (also nicht das Schneiden von Gummi, sondern das Schneiden von Blech mit Hilfe von Gummi).

https://www.hs-pforzheim.de/De-de/Techni.../MB_UT_VL07.pdf

Vllt interessiert sich doch der eine oder andere für diese interessanten Verfahren, aktuell oder später.

Schönen Gruß
Udo


 
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zuletzt bearbeitet 27.12.2014 | Top

RE: Gummischnittverfahren

#15 von messingcolera , 27.12.2014 17:42

Hallo Udo,

Top Fund von Dir! Die Bilder sehen ja vielversprechend aus. Ich denke z.B. Deckel für Kesselwagen etc. sind da problemlos machbar.

Beste Grüße

Messingcolera


 
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